Erster Dreiermoment (1. Mai 2019)

„Ohh, ich kann ein Ei sehen“ Wie passend kurz nach Ostern. Nur diesmal geht es um den springenden Punkt, konkreter um das springende Ei. Ich bin bei der jährlichen Krebsvorsorge und sitze gerade auf dem Frauenarztstuhl meines Vertrauens. Der Grund warum meine Ärztin und ich so erstaunt auf den Ultraschallmonitor blicken ist, dass ich vor ca. 1,5 Jahren einen umfangreichen „Fruchtbarkeitstest“ mitgemacht habe, in welchem genau dieser Eisprung, ohne dass jemand sagen konnte warum, fehlte. Da meine Ärztin uns darauf hinwies, dass eine Diagnostik bei einem unverheirateten Paar ggf. kostspielig sein könnte, gingen Malte und ich dem Ganzen nicht weiter auf den Grund. Wir verhüteten nur einfach nicht weiter. Obgleich ich mir eines Kinderwunsches nie sicher war, kam zwischendurch trotzdem immer mal wieder ein mulmiger Gedanke aller „Bin ich ein Auto das nicht fahren kann“ auf. Da Frauen ohne Kinder aber auch eine wunderbare Bereicherung für Kinder ihrer Umgebung sind, und nicht nur Eltern wichtige Werte mitgeben, ließ ich mich in der Vergangenheit nicht lange von diesen Gedanken herunterziehen. „Denken sie in den nächsten Tagen ggf. an Verhütung“, rät mir meine Ärztin. Natürlich tun wir das, jedenfalls wenn wir nachher zu Remus fahren. Bis dahin machen wir uns gegenseitig mit Gedanken, was heut Nachmittag wohl passieren könnte, heiß und verhüten in der wohl ältesten Vorgehensweise – Coitus interruptus.

Es wäre heute deine erste, richtige Erfahrung mit einem Mann. Du bist entsprechend positiv aufgeregt. Malte war sexuellen Abenteuern nicht wirklich aufgeschlossen. Nicht, dass er sich gesträubt hätte. Diese Gedanken gab es einfach nicht in seiner Galaxie. Zudem fehlte ich auch das notwendige Selbstbewusstsein. Nun betrete ich mein Badezimmer und neben meinem „Sportfucker“[1]Einlauf für den Analverkehr. liegt nun dein Exemplar. Ich seufze vergnügt.

Remus wohnt am anderen Ende der Stadt. Wir kommen leider, wie für uns üblich, eine halbe Stunde zu spät. Aber dafür haben wir Kuchen dabei. Die Wohnung ist klein, aber gemütlich. Der Gastgeber freut sich über den Erdbeerkuchen und kredenzt Milchkaffee. Ich bewundere seine roten Socken. Wir sitzen eine Weile in der Küche und reden über Themen, die mich eigentlich nicht interessieren – Ich bin so frech und schätze ein – dich auch nicht. Aber Smalltalk gehört nun mal zum guten Ton und soll die Stimmung lösen. Diese ist okay, jedoch noch immer kühl, wie vor ein paar Wochen auf der Osterparty.

Nach einiger Zeit wechseln wir ins Wohnzimmer. Ich sitze in der Mitte. Einige Minuten später habe ich Remus Hände an meinem Busen und wir wechseln zu dritt ins Schlafzimmer. Dort werde ich wieder in der Mitte positioniert und genieße die Berührungen von zwei Männern. Dennoch fokussiert sich irgendwie alles auf mich und ich bemerke, dass du dich nicht so recht fallen lassen kannst. Remus Hände bleiben hauptsächlich an meinem Körper, auch wenn er das Gefühl von deinem Mund an seinem Schwanz sichtlich genießt. Nachdem er sich ein Kondom übergezogen hat, reite ich ihn und du schaust zu. Wir wechseln in seitliche 69er Stellung. Ich spüre deine Berührungen an meinem Rücken und er kommt durch mein herzhaftes Saugen.

Jetzt blicke ich mich um, und betrachte, das hauptsächlich in weiß gehaltene, Schlafzimmer. Wir liegen zu dritt nackt in Remus Bett und unterhalten uns. Remus ist gut gelaunt und quatscht munter drauf los. Du hältst dich weiterhin zurück. Ich bin mir nicht sicher, was los ist. Die von Remus angerissenen Themen reichen von Politik, bis hin zur allgemein Arbeitssituation. Er ist sexy. Gerade geht er mir jedoch ziemlich auf die Nerven. Irgendwann fängt er an, von einer Frau zu reden, mit der er gerne in einer Beziehung wäre. Das Ganze gestaltet sich aber irgendwie schwierig. Er fragt, wie lange wir schon in einer Beziehung wären und wir stocken. „Seid ihr überhaupt zusammen?“ fragt er dann. Ich warte auf deine Reaktion, doch sie kommt nicht. Remus spricht darüber, was ihn so an dieser Frau fasziniert. Du erzählst dann ein wenig von deiner Vergangenheit. Du fändest es fast schon erschreckend, dass du mit einer Frau die du ein knappes halbes Jahr kennst, innigere Gespräche führen kannst, als mit deiner Ehefrau nach sechzehn Jahren. Ich könnte geschmeichelt sein, bin aber von der ausbleibenden Reaktion auf die „Beziehungsfrage“, noch immer irritiert. Warum eigentlich? Ist dies etwa schon das Ende? Ich merke wie sich ein bekanntes Loch in meinem Bauch wieder auftut. Ich versuche mich abzulenken und zu genießen, dass ich mit zwei attraktiven Männern nackt in einem großen Bett mit weißer Bettwäsche liege.

Es geht in die dritte Runde. Wieder fokussiert sich das Geschehen auf mich. Zwischendurch kannst du dich ein wenig fallen lassen. Dieser Moment hält aber nicht lange an und du ziehst dich zurück. Remus und ich vögeln erneut neben dir. Meine Leidenschaft hält sich allerdings in Grenzen. Sobald wir durch sind, widme ich mich dir. Der Gastgeber verschwindet ins Bad und ich versuche herauszufinden was mit dir los ist, doch Fehlanzeige.

Zügig verlassen wir die fremde Wohnung und gehen in Richtung meines Autos. Noch vor dem Parkplatz frage ich dich, was los ist. Das nun folgende Gespräch kann ich im Nachhinein nur schwer wiedergeben, da der Inhalt am ehesten an Nudelsalat erinnert. Du bist nach wie vor zurückhaltend, sagst der Abend hätte dir nichts gegeben. Ich habe das Gefühl, es liegt an mir. Kann es sein, dass du mit mir genauso wenig zusammen bist, wie mit deiner Sommerfreundin? Mit ihr warst du auch viel unterwegs. Dann, nachdem du sie geleckt hattest, und sie dir ihre Liebe gestand, war irgendwann Funkstille. Die Autofahrt lang bis zu mir schweigen wir. Das Loch in meinem Bauch ist deutlich spürbar. Irgendwann läuft im Radio „you can´t always get what you want“ und ich lächle.

Zuhause bei mir angekommen, beginnen wir zu diskutieren worum es eigentlich geht. Irgendwie kommen wir nicht auf den Punkt und reden aneinander vorbei. Für mich sieht es nach wie vor aus, als läge dein Rückzug heute Abend an mir. Und für dich? Erinnert an Diskussionen, aus deiner Vergangenheit, ergreift dich ein Fluchtreflex. Du glaubst, dass wir uns nur im Kreis drehen und heute nicht mehr entspannt nebeneinander einschlafen können. Ich sehe den Schrecken der vergangenen Beziehungsstreits in deinen Augen während du dir deine Jacke anziehst. Dann stocke ich: „Lauf nicht“, sage ich und beginne zu lächeln. „Sag mal, kann es sein, dass deine Reaktion eigentlich gar nichts mit mir zu tun hat? Kann es sein, dass du dich heute einfach nicht genug „beputschelt“ gefühlt hast?“ Ich versuche zu simulieren, wie ich mich an deiner Stelle fühlen würde und beginne süffisant zu grinsen: „Du bist ein Egoist, ein Momentmensch der Momente, Gefühle, Aufmerksamkeit aufsaugt und heute ging es nicht ausreichend um dich. Ich würde mich wahrscheinlich schlimmer aufführen.“ Du lächelst zaghaft und ziehst deine Jacke aus.

Wir beginnen ein wirklich schönes Gespräch. In diesem stellen wir fest, wie ähnlich doch unsere Gefühlswelt und Wahrnehmung in Bezug auf Momente, Intensität, Berührungen und Aufmerksamkeit ist. Wir lassen uns gegenseitig in die Gedanken, den Kopf des anderen blicken. Und mit den ersten Tränen fallen auch die ersten Kleidungsstücke. Der Sex ist intensiv, zügellos und losgelöst. Das „Verhütungsthema“ vernachlässigen wir komplett. Das muss wohl der Moment sein, indem Muddi Natur heimlich in die Hände klatscht.

References

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1 Einlauf für den Analverkehr.
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