Der Burgerladen um die Ecke hat unverschämte Preise. Es zieht uns dennoch immer wieder dorthin. Die Location ist nett und die Burgerauswahl gut.
An unserm ersten Date saßen wir hinten rechts am Fenster, aßen Burger und unterhielten uns. Ich baute nebenbei kleine Bildchen aus Zahnstochern. Du schautest mir zu und nach dem Nachtisch knutschten wir wild in deinem Auto herum.
Nun sitzen wir in besagtem Laden auch wieder am Fenster, jedoch bin ich schwanger und du blätterst in einem roten Buch zum Thema „offene Beziehung“ herum. Schon vor einiger Zeit hatte jeder von uns eigene Notizen in die Lektüre hinein gekritzelt. Nun, nach einem Burger mit Champions und einem mit Ziegenkäse, liest du unsere Anmerkungen aus dem Buch vor. Ich notiere dabei das Gesagte stichpunktartig auf einem alten Collageblock, aus Schulzeiten.
Während du dich in der Vergangenheit mit „Dates“ von Stress abgelenkt hast und dadurch verunsichert war, habe angefangen festzusetzen wie du reagieren sollst. Zudem waren meine Sextreffen für mich gesehen, natürlich nicht so heikel wie deine. Denn wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe 😉. Da es mir nach wie vor schwer fällt, unsere Bandsalatgespräche zu rekonstruieren, einem bei allem gesagten als Fließtext die Füße einschlafen, habe ich unsere gemachten Notizen einfach abgetippt. Uns helfen sie für die Zukunft. Der eifrige Leser wird schon heraus lesen was gemeint ist.
Eingeständnisse der Vergangenheit
- Bislang waren wir nur allein unterwegs. Es ist schwer, zu zweit jemanden zu finden, den wir beide gut finden und der auch uns beide mag. Dennoch wollen wir weiterhin auch zu zweit Abenteuer erleben.
- Eingeständnis meinerseits: Ohne meine Erfahrungen mit Malte und Andre könnte ich dieses Konzept mit dir nicht führen. Ich hätte das, was ich tat, selber nicht ertragen. Ich lebte stattdessen meine egoistische Ader in vollen Zügen aus.
- Reflexgefühl: Wenn man selber etwas tut ist das okay, aber nicht, wenn der andere dies tut.
- Wenn man eifersüchtig ist, fühlt man sich nervig und anhänglich. Das kennen wir beide und gehört leider dazu.
- Welche Reaktion zeigt man, wenn der andere unterwegs war? Selbstoffenbarung, Aufrichtigkeit und Drang zur Reaktion (Ich kann das auch wenn ich will).
- Eifersucht überwinden = mit sich selbst im Reinen sein.
- Meine Erlebnisse (Dreier, Vierer) würden mich bei dir emotional anstrengen.
- Es ist wichtig, dem anderen zu zeigen, dass dieser wichtig ist und im Mittelpunkt steht.
- Hat man mehr Dates, muss man dem anderen in dieser Zeit auch mehr Streicheleinheiten geben.
- Wir fragen uns, ob wir uns zu sehr mit Sex beschäftigen. Antwort: Ablenkung liegt nun mal in der Natur von uns beiden. Sex ist nun mal die schönste Ablenkung überhaupt. Du tobst dich nach deiner langen Beziehung etwas aus und ich denke dann manchmal „Das kann ich auch“.
- Einzelfälle haben wir gut gelöst. Dennoch brauchen wir langsam doch die ein oder andere Regel.
Zukünftige Leitlinien
- Regeln sollten nicht, aufgrund einer aktuellen Aktion / eines Geschehens,erst im Nachhinein aufgestellt werden. Beispielsweise wenn man sich schlecht fühlt.
- Regeln = reine Selbstkontrolle keine Überwachung durch den anderen!
- Regeln gelten nach Babypause…Jetzt im Dezember, wäre es nur eine Folge der letzten Diskussion.
- Konkrete Regel: Sex 2x im Monat mit derselben Person + 1 x mit einer anderen (Obergrenze)
- Codewort: Panda -> bei Diskussion nach 15 min; Kanu = rote Reißleine
- Keine Beziehungsprobleme etc. mit Sexpartnern besprechen!
- Wenn sich „Liebelei“ und Partner treffen, gibt das auch der „Liebelei“ irgendwie zu viel Bedeutung. Das muss nicht sein. Beispiel: Lena im Sommer
- Polyamorie übersteigt aktuell unsere „Herzkapazität und man hat Sorge sich zu verlaufen. Demnach suchen wir nicht konkret danach. Ggf. kommt das Thema nochmal auf wenn die Beziehung noch gefestigter ist.
- Bedürfnisse ändern sich in Abhängigkeit von den aktuellen Umständen unseres Lebens!!
- Verliebt man sich, sollte man diese Gefühle selber hinterfragen. Warum fühlt man sich bei dieser Person gerade besser?
- Unterschied zwischen Verliebtsein und lieben: Verlieben tut man sich schnell in jemandem, der einem übermäßig Aufmerksamkeit schenkt. Lieben tut man, wenn man für diesen jemanden auch sein Leben ändern möchte. Ist man sich dessen sicher, dann sollte es okay sein und nicht weiter diskutiert werden.
- Es ist viel Eigenbeobachtung notwendig, um sich nicht zu verlieren !! Der andere kann und soll nicht kontrollieren!!
- Keiner soll / darf den anderen einschränken. Man darf sich aber auch nicht selber geißeln indem man den Mund hält (Codewort Kanu).
- Übernachtungen- dafür sind wir noch nicht so weit – weg dösen und dann los fahren ggf. ok.
- Besonderes wenn möglich erst zusammen ausprobieren (z.B. Sekt).
- Ungeschützter Sex ist ein Privileg miteinander.
- Man sollte regelmäßig und aufrichtig drüber reden, wie aufregend der gemeinsame Sex noch ist.
- Durch eine offene Beziehung lernt man Zeitmanagement und Organisation- auch Struktur. „Wie wichtig ist einem der Fick“? Jeder muss für sich selbst einschätzen, ob der Sex mit jemandem anderen gerade guttut oder nur pure Ablenkung ist.
- Wichtig ist, sich weiterhin den Aspekten des Lebens zu widmen, die einen weiterbringen – Klasse statt Masse (Pralinchen statt Nutellaglas -> Figur behalten, schlank bleiben).
- Man kann ab und an beherrscht und trotzdem man selbst / authentisch sein.
- Man sollte den anderen parallel zu aktuellen „Dates“ im Blick behalten und ihm / ihr ausreichend Wertschätzung geben.
- Man kann dem anderen sagen, wenn einem auffällt, dass dieser sich gerade zu sehr ablenkt – ein Vorwurf sollte es aber nicht werden.
- Alles was wir jetzt besprechen gilt für jetzt – Regeln müssen immer wieder neu aufgegriffen werden.
Gedanken allgemein für die Zukunft
- Wir führen keine Beziehung von der Stange. Vergleicht man diese mit einem VW-Bus, kann dieser nach der nächsten Tanke den Geist aufgeben. Er kann aber auch bis nach Kanada fahren.
- Gemeinsamer Weg – Zum Projekt offene Beziehung gehört irgendwie auch „try and error“.
- Man muss sich nicht zwanghaft festhalten oder Verlustangst haben – siehe Monogamie. -> Beispiel aus der Natur: Katze will kuscheln, nimmt jedoch reiß aus sobald man sie einengt.
- Es ist wichtig, Momente zu genießen da nichts selbstverständlich ist. Dies wird einem durch dieses Konzept bewusst. Offen sein…Leben und leben lassen.
- Freiheit schafft für uns gesehen mehr (Ver-)Bindung.
- Gemeinsame Lebenserfahrungen sammeln und sich austauschen ist doch toll.
- Ich kann freieren Sex mit anderen haben, wenn ich in einer Beziehung bin (Stichwort Kein Loch im Bauch und keine Leere im Kopf).
- Gibt es uns einen Kick etwas heimlich zu machen? NEIN… eher, dass der andere zwar weiß, dass man weg ist, aber nicht genau was man da tut. Das Frei sein, frei ausleben.
- Zusammen Wohnen und Kind – Wir werden in der Zukunft beide viel Arbeit in diese Beziehung stecken müssen. Momente zusammen bewusst leben, sich dazu verabreden.
- Du hast Sorge davor, dass einer von uns wie er in seiner letzten Beziehung, irgendwann unzufrieden ist und unbewusst nach etwas anderem sucht. Meiner Meinung nach, hätten wir uns in diesem Fall dann schon zu weit von unserem Konzept entfernt. Denn wenn wir eine Redebeziehung haben und unzufrieden sind, haben wir schon lange nicht „richtig“ miteinander geredet.
- Es bleibt aufregender, wenn sich beide entwickeln. Ich bin heute nicht mehr der Mensch der ich gestern war. Also kannst du dich morgen in ein ganz neues ich verlieben 😉.
Besagtes Buch steht nun vollgekritzelt auf dem Wohnzimmerregal. Wir freuen uns auf das nächste Jahr- auf unser gemeinsames Kind, gemeinsame Abenteuer, aber auch auf den einen oder anderen ganz eigenen Moment.