Wir haben ja schon über unser Doppeldate Wochenende geschrieben. Nun möchte ich hier einmal einen kurzen Rückblick auf die Sommermonate geben. Im Frühjahr sah es echt mau für mich aus. Keine spannenden Begegnungen und auch irgendwie keine bestehenden Kontakte. Es gab absolut nichts. Dazu kam viel beruflicher Stress und alles zusammen machte es die Zeit sehr unentspannt.
Stress, fehlende Balance und eine anhaltende Pandemie und Homeofficezeit führt zu einem Gefühl der Monotonie. Man hat das Gefühl, dass man gar nicht mehr raus kommt. Ich ertappe mich dabei, dass ich viel häufiger die Dating App öffne, einfach nur aus langer weile. Doch dabei kommt natürlich nichts bei raus, denn wie ich schon in dem „Offene Beziehung“ Text geschrieben habe, wird man nie auf „Zwang“ das finden, was man sucht.
Dazu kommt auch noch die zentrale Frage… Was suche ich eigentlich? Ich bin nun mal kein klassischer „Fuckboy“. Wie ist da eigentlich die Definition? Klar mag ich Sex und ich freue mich auch, wenn sich aus einer Begegnung etwas Intimes entwickelt. Ich möchte aber nicht einfach nur Sex, dass wäre nicht meins. Menschen kennenzulernen und ihre Geschichte zu hören, dass ist das was ich mag. Ich suche nach Menschen, die nicht nur eine „Eintagsfliege“ sind, sondern im besten Fall eine Zeit lang in meinem Leben bleiben.
Ich muss mich einfach mit Menschen gut verstehen und mich gut mit ihnen unterhalten können, dann erst kann es für mich auch erst sexuelle Anziehungskraft geben. Allerdings benötigt man dafür auch Zeit. Zeit sich auf Menschen wirklich einzulassen. Das wiederum steht oft in Gegensatz zu der tatsächlich verfügbaren Zeit. Etwas was mir noch mal mehr bewusst wurde, als wir Eltern geworden sind. Zeit ist bei uns beiden echt ein sich verflüchtigendes Gut.
Nun war ich im Frühsommer nicht wirklich bereit für neue Bekanntschaften. Dann waren da auch gerade irgendwie keine bestehenden Kontakte. Du hattest diese sehr wohl Isabel. Ich fragte mich manchmal, worauf das für mich in dieser offenen Beziehung hinauslaufen soll. Wohin soll sich das eigentlich alles entwickeln. Wenn man Stress im Leben hat und man auch sonst eher wenig Abwechslung hat, dann kann man schon mal die Dinge etwas negativ sehen. Doch wie es immer so ist, kommt der Silberstreif am Horizont ganz unverhofft und unerwartet.
Zum Sommer hin meldete sich eine liebe Bekanntschaft bei mir. Unser Kontakt bestand schon länger, doch gesehen hatten wir uns bis dato noch nie. Wir wohnen weit auseinander und irgendwie passte es nie, dass wir uns sehen. Der Kontakt brach aber niemals wirklich ab. Sie meldete sich und ich freute mich sehr darüber. Wir nahmen die Gelegenheit beim Schopfe und machten ein Treffen aus. Es war sehr aufregend dieses erste Treffen, ich glaube unser Kontakt bestand da schon über eineinhalb Jahre, wir trafen uns auf der Hälfte des Weges und hatten wirklich ein sehr schönes erstes Treffen, ein wahres „Parkplatzabenteuer“…
Der Kontakt hält weiter an und wir sehen uns weiter, auch wenn es zwischendurch ein wenig ein Gefühlswirrwarr war. Es hat einfach gezeigt, dass eine gute, ehrliche und offene Kommunikation auch zu den Menschen wichtig ist, die wir neben unserer offenen Beziehung kennenlernen. Es geht darum abzustecken, wofür man bereit ist und was möglich ist, was man auch an Gefühlen zulässt und wo dann doch möglicherweise Grenzen sind. Ich bin sehr froh darüber, dass wir hier alle gut miteinander sprechen konnten.
Außerdem blieb auch immer der Kontakt mit einer sehr lieben Frau. Sie war eine Zeit lang nicht im Lande. Wir sind allerdings sehr verschieden. Ich mag sie, aber ich musste mir eingestehen, dass ich zu dieser Zeit nicht so den Kopf für sie habe. Doch irgendetwas ist da halt und wir schreiben häufiger mal. Ich finde es toll, dass wir den Kontakt halten und bei Zeiten uns auch sicherlich mal wieder sehen werden.
Menschen kommen und gehen, eine weitere liebe Person habe ich wohlmöglich hinter mir lassen müssen. Auch sie kenne ich schon seit mehr als zwei Jahren. Bei ihr ist sehr viel los in ihrem Leben und leider nicht nur gut Dinge. Wir sahen uns tatsächlich nur einmal zuvor, doch damals verkomplizierte sich diese Begegnung (siehe Text „Ein Wochenende auf Abwegen – Umgang mit Komplexmenschen: August 2019“). Sie wohnte ebenfalls weiter von mir entfernt. Als sie in diesem Sommer in die Nähe zog (das hatte nichts mit mir zu tun) beschlossen wir uns erneut zu treffen. Eine ganz normale Verabredung zum Kaffee. Dieses Treffen war allerdings etwas unruhig, weil wir unsere Kinder mit dabei hatten. Wir wollten uns erneut treffen, doch leider wird es dazu wohl nicht mehr kommen.
Die Frau aus der Familien WG
Dann traf ich eine sehr spannende Begegnung. Sie war getrennt lebend aber dennoch zusammenlebend. Sie unterhält eine Familien WG mit Ex-Partner und Kindern. Das wirkte alles sehr tolerant und auch sehr leicht im Gedanken. Sie hat mir echt gefallen, eine interessante Frau mit der man gut quatschen und auch knutschen konnte. Es gab allerdings nur ein erstes Kennenlernen. Sie traf bereits einen Mann, mit dem es ernster wurde und mit dem sie erstmal nicht offen in die Beziehung starten wollte. Das ist super verständlich, zeigt aber einmal mehr, dass Begegnungen in einer offenen Beziehung sehr flüchtig sein können.
Die Französin
An einem sehr schönen warmen Tag begegnete ich auch einer Französin. Ich hatte vorweg schon so meine Bedenken, was ich als reines Bauchgefühl einstufen würde, dennoch sprachen mich ihre ausdrucksstarken Fotos sehr an! Ich kam ein paar Minuten zu spät zum Treffen, was ihr so gar nicht gefiel und irgendwie war es dadurch schon ein verkorkster Start. Sie war eine sehr forsche Person, gerade heraus und eigentlich auf der Suche nach dem „Einen“. Das ich mir diese Frau nicht richtig in einer Beziehung vorstellen kann, ist eine rein subjektive Betrachtung meinerseits. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass diese Frau in einer Beziehung sehr anstrengend werden kann. Aber sie hat viel Feuer und sie machte auch keinen Hehl daraus, dass sie Sex sehr mag. Doch wir waren da einfach nicht kompatibel, um es mal sehr nüchtern auszudrücken. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, so wie ich, in einer offenen Beziehung zu leben. Das einzige was wir gemeinsam hatten, war die Vorliebe für Schokolade. Das sie mir hier verriet, dass sie immer wieder gerne was Neues probiert und generell Abwechslung bei der Wahl der Schokolade braucht, nahm ich zum Beispiel, dass sie ja sicherlich auch nicht alles nur von einem Partner bekommen könnte, wonach sie sich sehnen würde. Sie grinste und musste darüber nachdenken… Wir gingen Respektvoll auseinander und wünschten uns alles Gute. Ja auch solche Dates gibt es, wo es nach dem ersten Date nicht mehr weiter geht, wo der Funke einfach nicht überspringen will.
Die Stille
Ich begegnete einer sehr zarten und eher stillen Frau. Ein sehr offener und auch neugieriger Mensch. Sie hat auch schon mal eine kurze Zeit poly gelebt und steht auch dem Konstrukt der offenen Beziehung erstmal offen gegenüber. Wir können uns sehr gut unterhalten und auch zusammen lachen. Es war ein schöner erster Abend. Sie ist sehr zurückhaltend und man muss als Mann schon das Heft in die Hand nehmen, habe ich das Gefühl. Da bin ich jetzt auch nicht immer so der Held drin, aber am Ende des Abends traute ich mich sie einfach zu küssen und daraus wurde eine wilde Knutscherei. Der Kontakt hält an und darüber freue ich mich wirklich.
Das Silberlächeln
Dann war da noch diese etwas geheimnisvolle Frau, die mich unbedingt treffen wollte, dann aber wegen einer angehenden Zahnkorrektur erstmal außer Gefecht gesetzt wurde… Egal! Wir trafen uns, doch was soll ich sagen, es war eine nette Unterhaltung, aber irgendwie auch nicht mehr. Irgendwie wollte einfach nicht der Funke bei mir überspringen. Manchmal ist das einfach so. Sie war irgendwie so monoton und ich fand einfach nicht so den Bezug zu ihr. Ich glaube, dass sie eine sehr offene Frau ist, die auch Sex echt mag und ihn gerne praktiziert, so klang es manchmal, aber bei mir wollte sich noch nicht mal Kopfkino einstellen… Es ist wie es ist… es ist einer dieser Kontakte, der „leider“ stillschweigend ein Ende fand.
Für mich ist es ein wesentlicher Part in unserer offenen Beziehung, dass wir uns die Freiheiten einräumen, dass wir ganz unkompliziert unsere Begegnungen mit Menschen haben können, die wir sehr spannend finden. Diese Kontakte bringen aus meiner Sicht die Würze, die Aufregung und auch ganz einfach neue Blickwinkel in unsere Beziehung. Mir gefällt das, wobei ich auch sagen muss, dass ich diese Begegnungen so bereichernd wie auch frustrierend finde. Es liegt natürlich in der Natur der Sache. Denn es geht hier schließlich um Menschen. Diese haben alle ihre Träume, Wünsche, Begehren und Ziele.
Es ist immer wieder spannend neue Begegnungen zu haben, genauso wie es einem anöden kann. Es ist irgendwie ein chemischer Prozess. Entweder es gibt eine Reaktion oder es passiert so gar nichts mit einem. Kennt jeder, denn jeder hatte sie schon, diese Gesprächspartner, wo man am liebsten die Zeit anhält oder am besten noch mal ein kleines Stück zurückspulen möchte, nur weil man sicher gehen will, dass man alles aufsaugen kann. Genauso kennt man die Gespräche, wo tief im Innern dieser Fluchtreflex hochkommt. Man kann so gar nichts mit seinem Gesprächspartner anfangen und möchte am liebsten sofort aufstehen und gehen und doch ist es meistens so, dass unsere Erziehung auf Höflichkeit getrimmt ist. Man trinkt etwas mit dieser Person und schaut dann, dass man zeitig, aber mit allem gebotenen Respekt, die Sache beendet.
Ja ich sage mir nicht selten, dass mich Dating echt an nervt. Man erzählt immer wieder seine Geschichte und manchmal ist dieses Abtasten echt anstrengend. Doch es sind, wie gerade bereits erwähnt, diese echt krassen Momente, wo man fast diesen Funkenflug spüren kann, die einen weiter machen lassen. Man mag halt immer wieder dieser Art Momente sammeln. Doch auf Dauer, wird man so zum Adrenalin Junkie. Es ist aber auch so, dass immer mal wieder Kontakte aus dem Leben verschwinden.
Begegnungen kommen und gehen. Wenn ich als derjenige, der in einer offenen Beziehung lebt, kein Verständnis für diejenigen habe, die sich in ihrem Leben nach mehr sehnen, als einen Menschen nur alle paar Wochen zu sehen (als Beispiel), wer soll dann Verständnis dafür aufbringen können, dass Begegnungen sich eines Tages einen Partner suchen, mit dem sie eine exklusive Verbindung haben können. Das bedingt allerdings, dass meine Begegnungen die ich habe, vielleicht mal eine Zeit lang neben mir hergehen, doch eines Tages auch einfach einen anderen Weg einschlagen.
Wichtig ist hier einfach, dass diese Einstellung, dass man niemanden gehört, nicht nur etwas ist, was zwischen mir und Isabel Gültigkeit hat, sondern natürlich ebenso zwischen uns und unseren „Nebenpartnern“/Kontakten. Ich habe nun schon beides erlebt. Ich habe erlebt, wie aus Menschen die man „heiß“ findet Freunde werden, aber es gibt auch die Menschen, die sich immer weiter von einem entfernen, bis sie am Horizont verschwunden sind.
So geht es immer wieder auch aufs Neue los. Dieses Kennenlernen von neuen Menschen und ihrer Geschichte. Und klar ist es schön, wenn dann mal jemand dabei ist, jemand ganz besonderes, wo die Chemie stimmt und man einfach aufregende Stunden erleben kann! Mir zeigt es auch immer deutlich, dass das Leben immer weiter geht, alles endlich ist und man immer genießen sollte, was man hat.
Neben diesen Begegnungen die Isabel und ich haben, gibt es einen entscheidenden Faktor. Zeit! Etwas was wir manchmal zu gerne verschleudern. Wir sind einfach so, wir brauchen unsere Zeit. Aber darauf wollte ich gar nicht direkt hinaus. Ich möchte noch auf eine sehr wichtige Begegnung zu sprechen kommen. Eigentlich die wichtigste Begegnung. Die zwischen dir Isabel und mir. Doch manchmal ist es wirklich schwierig geworden, sich die Zeit dafür zu nehmen.
Der Tagesablauf mit Kind, die Arbeit, private/individuelle Ziele und die Zeit mit anderen Menschen (Familie, Freunde, Dates), lassen nur wenig verbleibende Zeit für uns übrig. Das ist eine sehr schwierige Situation von Zeit zu Zeit. Denn die Möglichkeiten sich bewusst Zeit füreinander zu nehmen ist rar geworden. Zeit die wir nur für uns zu zweit haben. Wenn diese Zeit da ist, hat man manchmal das Gefühl, dass man alles in diese Zeit hineinquetschen muss. Gemeinsam aus gehen, private Projekte erledigen, wo es nun mal einfacher ist, wenn das Kind nicht dabei ist, gemeinsam Musik hören und dabei Zweisamkeit genießen, oder ganz einfach mal in Ruhe und ohne Zeitdruck Sex haben.
Die Kunst auf Punkt Lust zu haben! Das ist so manches mal die Herausforderung, mit der wir uns manchmal auseinandersetzen. Wir sind beide Morgenmenschen. Wenn wir morgens aufwachen haben wir oft beide mega Lust aufeinander, doch dann ist halt meistens auch schon unsere kleine Tochter am Start. Abends sind wir als Eltern nach einem anstrengenden (Arbeits-) Tag oft genug total erledigt, dass man einfach sich zusammen hinlegt und einschläft. Das klingt jetzt aber alles negativer, als es wirklich ist. Es ist nicht einfach und ja, wahrscheinlich haben wir in dieser Lebensphase oft genug weniger Quality-Time zusammen als mit anderen. Doch wir finden uns natürlich auch immer wieder und wenn es mal nur ein paar Minuten sind! Die Lust ist ein Thema, welchem wir uns noch mal gerne gesondert widmen würden. Sich in einem bestimmten Zeitraum fallen lassen zu können, ist für mich persönlich nicht leicht. Ob nun zwischen uns Isabel, mit einem Date, oder aber in einem Club. Sich auf Punkt einer Situation hinzugeben, ist teilweise eine Herausforderung. Man hat oft so viele Dinge im Kopf, die einen blockieren können. Wichtig für uns ist es, dass uns beide grundsätzlich Sex sehr wichtig ist. Dadurch haben wir auch ein gemeinsames Ziel, dass auch wir uns immer wieder begegnen.