Komm ich erzähle dir eine Geschichte – Tinderling ding ding (Mai / Juni 2020)

Ich: “ Huhu, es ist Zeit aus seiner Butze zu kommen und frische Luft zu schnappen. Bin auf der Suche nach einem interessanten Spaziergeh-und -Lunch-to-go-Partner. Bin in einer offenen Beziehung, habe eine kleine Tochter und nun einfach mal Lust, wieder neue Leute zu treffen – inkl. cooler Gespräche, neuer Welten und ggf. etwas Erotik. Bin ich da richtig bei dir?“

Tinder1: *Keine Reaktion*

Tinder2: „Ja bist du“

-> Und jetzt? Soll ich schreiben „und jetzt?“ oder einfach schauen was der Nächste schreibt?

Tinder3: „Hallo Isabel. Wie geht es dir?“

-> Hmmm, hat der Gute meinen Text überhaupt gelesen? Was antwortet man zudem auf die Frage „Wie geht es dir?“ wenn man a) den Visavis gar nicht kennt und b) ich selber gar nicht weiß wie es mir eigentlich geht? [1]Mir geht es irgendwas zwischen grandios und naja ich bin halt jetzt Mutti Ich mochte diese Frage noch nie und könnte ein ganzes philosophisches Buch darüberschreiben.

Tinder4/5/6: *Keine Reaktion*

Tinder7: „Ja klar, worauf stehst du denn?“

-> Okay, diese Frage ist legitim. Dennoch möchte ich mich nicht nur auf das oberflächliche „Rein, Raus“ beschränken. Somit ist auch dieser Mann an dieser Stelle raus.

Tinder8: „Hi“

Ich: „Huhu“

Tinder8: „Wie geht´s?“

-> Dieser Mann kann ultra toll sein. Ich gebe aber zu, ich finde es schwierig so zu einem fließenden Gespräch zu kommen. Der Nächste bitte 😊

Tinder9: „Hallo Isabel, danke für deine Nachricht. Erotik ist immer gut. Und was machst du so?

Ich: Huhu, bezieht sich deine letzte Frage darauf was ich jetzt in diesem Moment mache, welche Hobbys ich generell betreibe, oder welchen Beruf ich ausübe?

Tinder9: *Keine Reaktion*

-> Oh

Tinder10: „Hey Isabel, tolles Profil. Ich mag deine Bilder und deine Beschreibung passt super zu meiner Vorstellung. Du scheinst nicht auf den Mund gefallen zu sein und bist zudem hübsch. Gern können wir uns mal treffen und schauen was sich so ergibt.“

-> Bingo

Tinder11: Hallo Isabel, lieben Dank für deine Nachricht. Ich kenne mich mit offenen Beziehungen so gar nicht aus. Was kann ich mir in eurem Fall denn darunter vorstellen? Lieben Gruß…

-> Die Frage ist nett formuliert. Die beantworte ich gerne etwas ausführlicher.

Aber fangen wir am Anfang an.

Der Frühling geht in den Sommeranfang über, die Sonne lacht und auch die Regeln zur aktuell grassierenden Pandemie Corona werden ganz langsam gelockert. Die Restaurants öffnen wieder und die lang vermisste Familie, sowie Freunde dürfen wieder besucht werden. Du und ich sind nun schon seit einigen Monaten Eltern. Obwohl wir von all dem Babyzeug keine Ahnung haben, klappt das Zusammenleben auf engstem Raum zu dritt erstaunlich gut. Ende des Jahres zieht der einzige Nachbar auf unserer Etage aus und wir bekommen die Möglichkeit, uns auf zwei Wohnungen nebeneinander auszubreiten. Bis dahin leben wir in meiner 60 m² Künstlerwohnung zwischen zusammengestellten Babymöbeln, Homeoffice-Schreibtisch, der ein oder anderen Spinne und Regalen, die irgendwann mal wieder abgestaubt werden müssten.

Der Frühling für uns war ruhig, kuschelig und – wie für andere auch, Dank Corona – ein wenig monoton. Wir bekommen mit Baby genug Schlaf und – Dank Spielebogen – Zeit für unsere Leidenschaften. Während ich neben dem Babybett male, gehst du laufen und genießt die Natur und den frischen Wind im Gesicht. Ab Mitte März waren die Straßen leer und die einzige Möglichkeit dem Lagerkoller zu entfliehen, war ein Spaziergang mit Abstand und ohne Abstecher ins Lieblingscafè. Nun blinzelt einem das soziale Leben unter der vorgeschriebenen Mund-Nasen-Maske zu.

Wir genießen die Zeit miteinander, sind froh Baby und uns zu haben doch so langsam kommt die Lust nach einem Alleingang, nach ganz eigenen Sommergefühlen hoch. Die Anzahl möglicher Datingportale ist manigfaltig. Wir bedienen uns der bekannten Plattform Tinder. Ja auch wir sind auf unsere Art oberflächlich und haben Spaß daran, wildfremde Gestalten, ihrer Optik entsprechend, ins „Töpfchen“ oder „Tröpfchen“ zu schicken. Während wir im April vorsichtig ab und an mal mit der ein oder anderen Person geschrieben haben, sitzen wir uns im Frühsommer gegenüber und bewerten unsere „Matches“. Im „Tinderquartett“ vergleichen wir u.a. die lustigsten Frisuren, die merkwürdigsten Hintergründe und das schönste Lächeln. Ich gewinne gleich zweimal hintereinander. Wir nehmen das Ganze nicht wahnsinnig ernst, es ist eher eine lustige Ablenkung. Zudem fühlt es sich verdammt gut an so frei und offen miteinander umzugehen.

Sucht man im Internet die große Liebe, den zukünftigen Ehepartner und / oder Mutter/Vater der Zukunftskinder, so kann diese Suche schnell verkrampft sein. Du und ich sind alles andere als unzufrieden mit unserem Leben, unserer Beziehung, dem „Du und ich“. Wir nehmen es leicht und sind für zwischendurch einfach wieder Anfang zwanzig. Es geht um dieses Neue, das Unbekannte, das Kribbeln des Anfangs und um die Bestätigung der eigenen Attraktivität. Wir teilen viel miteinander, genießen die innigen Momente zu zweit und die familiären zu dritt. Die Lust auf ganz eigene Gefühle nebenbei haben wir beide. Ich freue mich darauf meine Abenteuergeschichten mit dir zu teilen und den deinen zu lauschen.

Doch wie geht es einem, wenn sich der gewünschte Effekt nicht einstellt? Wenn das Date, auf das man sich gefreut hat, ein Fiasko wird, oder sogar in letzter Minute absagt? Platz bei dem ein oder andern Datingloser ein lang gehegter Traum von Haus und Kind, sperrt sich bei uns lediglich das Ego in den Kleiderschrank. Doch auch das ist unangenehm. Letztes Jahr hattest du wie man so schön sagt „einen Lauf“. Du hast es genossen neben meiner Wenigkeit, auch die Zuneigung zwei weiterer Frauen zu bekommen. Doch nun blickst du etwas bedröppelt drein, als ich mich auf den Weg zum Date mache, während dir bereits das zweite Date kurzfristig absagt . Und ich gebe zu, ein wenig schadenfroh bin ich schon. Das sage ich dir aber auch ganz frei. Du beißt mir neckisch in die Unterlippe und wünscht mir einen schönen Abend.

Nach ein paar Mal hin und her schreiben, treffe ich mich mit einem jungen Musiker in einem Cafè in der Innenstadt. Als Teil einer offenen Beziehung ist es nicht immer leicht, neue Bekanntschaften zu machen. Häufig wird abgedankt, weil man ja vergeben ist. [2]Ich bin der Meinung, man vergibt nur CDs. Aber das ist eine andere Sache Fast noch häufiger wird man auf das rein körperliche reduziert – vor allem als Frau. Die erste Kommunikation mit – nennen wir ihn Reime-Paul 😉 – war leicht, ungezwungen und vielversprechend. Als ich leider viel zu spät in dem Cafè ankomme, lächelt mir ein wirklich attraktiver Mann Ende zwanzig mit dunklen Haaren und dunklen Augen zu. Wir verstehen uns auf Anhieb, reden über Gott und die Welt und die Menschen dazwischen. Er erzählt mir von seinem Traum mit seiner Musik erfolgreich zu werden und ich ihm von meinem Wunsch, irgendwann einen Kunstswingerclub zu eröffnen. [3]Ich habe tatsächlich die Vision einer hellen, erotischen Begegnungsstätte mit kunstvollen Bildern an den Wänden. Wir reden auch über unsere erotischen Erfahrungen und Wünsche, doch schweifen irgendwie schnell zu eher eigenwilligen Themen ab. Ich verliere mich in seinen Augen und den Faden unseres Gesprächs.

Als ich mir zum zweiten Mal Sex mit diesem Mann vorstelle wird mir bewusst, dass wir mittlerweile bei einer politisch-kulturellen Diskussion angekommen sind. Diskutiert dieser Mann tatsächlich mit mir über die Unsinnigkeit von Beschneidung bei Männern? Ihm würde kein sinnvoller Grund einfallen, warum Männer beschnitten werden sollten, wenn es nicht gesundheitlich notwendig wäre. Sexuell übertragbare Krankheiten könne man dadurch nicht eindämmen. „Ich gebe zu ich bin in dieser Thematik nicht so gut belesen, um mit dir diskutieren zu können. Soweit ich allerdings weiß, ist die Übertragung von HPV – Einem Virus, dass bei Frauen Gebärmutterhalskrebs auslösen kann – in islamischen Ländern geringer. Man sollte sich zwar immer mit Kondom schützen, könne die Übertragbarkeit dieses Virus aber nicht gänzlich verhindern. Ich weiß wovon ich spreche. Ich habe leider eine Gebärmutterhalskrebsvorstufe, welche allerdings auch von alleine abheilen kann.“ Ich, Trägerin des Herzens auf der Zunge und Verfechterin der splitterfasernackten Wahrheit, merke noch beim Aussprechen, dass diese Information zu viel war. Der Wunsch Sex mit dem braunäugigen Reimepaul zu haben rückt ins Ad Absurdum. Meine Aufklärungsversuche scheitern. Die Tatsache, dass sich 80 % der sexuell aktiven Menschen mit HPV infizieren und dass das Virus in den meisten Fällen von alleine abheilt, stößt auf taube Ohren. Auch die Info, dass es eigentlich nur Frauen betrifft, Männer lediglich Überträger seien, entspannt den besorgten Gesichtsausdruck nicht. Reimepaul hat Angst um seine nicht vorhandene Gebärmutter! Er lässt den Abend nett ausklingen, signalisiert aber ganz klar, dass ich mich wohl in Aus geschossen hätte. [4]Nichts desto trotz, war es kein schlechter Abend. Ich wünsche Reimepaul alles Gute und like fleißig jedes seiner neuen Lieder.

Zwei Tage später bekomme ich die Info von meiner Ärztin, dass das Virus bei mir abgeheilt sei und sich auch die Vorstufe zum Positiven verändert hätte. Ist es beim Kennenlernen ggf. cleverer, nicht die Wahrheit zu sagen? Doch weiß man dann noch mit wem man sich da eigentlich trifft, wenn es nur um Vermarktung der eigentlichen Persönlichkeit geht? Ich denke größtenteils nicht darüber nach was ich sage, versuche dadurch so authentisch wie möglich zu sein und meinem Gegenüber eine gewisse Vertrautheit zu geben. Das hat dann wohl nicht geklappt. Aber was solls. Einmal ist keinmal!

Auch bei der weiteren Kommunikation mit potenziellen Ausgehpartnern und -Partnerinnen ist meine Wahrheit nicht unbedingt ein „Kassenschlager“. Während einige auf meine erste Nachricht (Inhalt s. oben) gar nicht erst antworten, bricht bei anderen mitten drin der Kontakt ab. Unter anderem ist ein Mann dabei, der mir immer wieder schreibt wie sexy er mich findet, dann aber doch keine Muße hat zurück zu schreiben. Ein anderer beginnt zunächst eine unheimlich humorvolle, geistreiche Konversation. Als ich es zwei Tage am Stück nicht schaffe zurück zu schreiben, beginnt er mich über meine Körpermaße zu beleidigen. Zwischenzeitlich treffe ich sogar auf einen Mann mit dem ich mit 19 kurz zusammen war. Wir freuen uns über den überraschenden Kontakt und tauschen schnell Sprachnachrichten aus. Der Mann, der mich schon früher als „irgendwie albern“ empfand, ist von dem erwachsenen Ich jedoch nur so „semi-“ überzeugt. Er blockiert mich während der laufenden Konversation. Kein besonders eleganter Schachzug. Ich gebe jedoch zu, auch ich gehe manchmal so vor. Wenn mich mein Gegenüber nicht überzeugt und ich mich nicht mit einer charmant formulierten Absage auseinandersetzen möchte. So ist das Spiel vom Suchen und vom Finden. In der einen Minute schmackhaft, in der nächsten Minute zum kotzen und in der übernächsten wieder eine gute Ablenkung von Haushalt und anderen lästigen Verpflichtungen. Nicht wenige verteufeln Datingplattformen wie Tinder & Co. Dort würden sich merkwürdige Leute herumtreiben. Doch schuld ist weder die Datingplattform, noch sind es die „merkwürdigen Leute“. Mittlerweile stellt jeder einzelne Mensch ein so buntes Potpourri an Ticks, Psychosen und Eigenarten dar, dass es einfach nicht einfach ist, jemanden mit einem farblich passenden Knall zu finden. Doch gut Ding will Weile haben.

Das nächste Date trägt dann die Farbe „Pflaume“. Besser gesagt die Haare des Mannes tragen die Farbe Pflaume. Auf seinen Bildern sah er irgendwie anders aus und größer. [5]Obgleich es durchaus einen Markt für kleine Männer gibt. Meine liebste beste Freundin Lisa, hat beispielsweise ein Faible für kleine Männer mit Kotletten. Das aber nur am Rande. 😉 Liebe … Continue reading Der kleine – ebenfalls Musiker – und ich machen einen langen Spaziergang. Bei diesem Mann kann ich offen sein und mich zeigen wie ich bin. Dennoch springt der Funke bei mir irgendwie nicht über. Eher finde ich sein zwischendrin anhalten und über Kopf schütteln der Haare eher sonderbar. Sonderbarer als ich ist er sicherlich nicht. Das Date war nicht schlecht aber war es seine Zeit wert? Mein persönlicher Frühsommer steht unter dem Motto „Vorstellen und Kennenlernen“ Ich melde mich bei diversen Kitas in denen ich mich / uns vorstelle, gehe meiner Tochter zuliebe in Müttercafés, stelle mich dort vor und erwische mich zwischenzeitlich bei der immergleichen Anfangsschreiberei auf Tinder. Einer wirklich netten Frau die mich gerne kennenlernen möchte, erteile ich eine Absage, weil ich genervt davon bin, immer wieder von vorne zu beginnen. Ich blicke zu dir, zu unserer Tochter, denke über Zeit nach und lächle. Dating macht Spaß, aber nur solange es wirklich nur für zwischendurch und leicht gehalten ist. Ein zwanghaftes Suchen ist anstrengend und verplempert unnötig Zeit. Zwischen Mai und Juli merken wir dies immer wieder. Es gibt Tage, an denen schauen wir so gut wie gar nicht aufs Handy. Dann wiederum treiben wir uns in Wochen herum, in denen wir so viele Dates haben, dass wir uns selber fast nur noch am Wickeltisch treffen. Doch es ist schön, dass wir uns zwischendurch immer wieder besinnen und nur miteinander flirten können – Nach so einer Woche, die sich anfühlt wie halterlose Strümpfe. [6] Halterlose Strümpfe die rutschen

Anfang Juni treffe ich dann auf eine Frau, mit der ich wahnsinnig viele Sprachnachrichten austausche. Sie erinnert mich an irgendwen. Mitte dreißig, wohnt in einem Großstadtvorort, hält nicht viel von Monogamie, mag psychologisch angehauchte Gespräche und ist sexuell sehr offen eingestellt. Als wir uns zu einem Spaziergang in meiner Nähe treffen, bin ich mir nicht sicher, wer von wem die Googleübersetzung ist. Wir sind beide authentisch, erzählen uns unsere Geschichten, aber keine Märchen. Wir sind uns so ähnlich, dass Sex ggf. mit Selbstbefriedigung vergleichbar wäre. Der Kontakt bleibt erhalten, aber ein Funke springt nicht über.

Geschichten über merkwürdige Tindererfahrungen füllen mittlerweile zahlreiche Bücher. Kein Wunder, ist der Mensch nicht von Natur aus merkwürdig?! So soll dieser Text sich nicht in die „Sind die denn alle irre“-Begegnungen einreihen. Würde jemand über ein Treffen mit mir schreiben, der Inhalt wäre wohl auch zum Augenverdrehen. Dies ist ein Text, der einfach sagt: „Leute kennenlernen ist nicht einfach, aber wer nicht wagt der nicht gewinnt“

Und ich wage! Naja, so wie du höre ich nicht auf zwischendrin und vor allem, als Ablenkung von Abwasch und Co., mit allmöglichen Leuten zu schreiben. Allerdings liegt Mitte Juni mein Fokus nicht mehr auf erotische Treffen, sondern auf dem Kennenlernen Gleichgesinnter: Personen in offenen Beziehungen. Denn auch wenn ich einen sehr aufgeschlossenen Freundeskreis habe, fehlt mir der Austausch mit Menschen, die unserer Perspektive kennen, doch ein wenig. Und so verabrede ich mich spontan nach einem Tattoobesuch in der Innenstadt. Ich habe mich nicht sonderlich hergemacht. Ich trage ein Standardkleid + Strickjacke und Pferdeschwanz. Wie genau der Mann mit dem ich mich nachher treffe aussieht, weiß ich eigentlich nicht. Seine Bilder waren eher kunstvoll statt aussagekräftig. Es ist mir in diesem Fall aber auch nicht wichtig. Als Treffpunkt wähle ich spontan einen Sexshop aus. Du hast in kürze Geburtstag und zum 40. steht die Überlegung, dir etwas Nettes für das „Hintertürchen“ zu schenken.

Und dann kommt der Moment in dem ich mich in diesem Sexshop wieder finde. Der nette Verkäufer, den ich soeben um Rat bat, kniet vor mir und hilft mir in einen Strapongurt XL zu steigen, als mein Date des heutigen Abends vor mir steht. Wie zu erwarten passt der Strapon nicht. Wiedererwartend sieht mein Date jedoch unwahrscheinlich gut aus. Ein hoch gewachsener, schlanker Mann Mitte vierzig mit leicht gelockten Haaren. Er ähnelt einer Mischung aus dem Dr. House Darsteller Hugh Laurie und dem Coldplay Sänger Chris Martin.

Meine Vorstellung eines neutralen, nicht erotischen Treffens hänge ich beim Anblick dieses Mannes neben den zu kleinen Strapon an einen Haken. Auch er scheint von mir angetan zu sein. Wir strahlen uns an und gehen eine ganze Weile geradeaus. Vom allgemeinen Smalltalk wechselt das Gespräch schnell zu seiner Person, was mir allerdings nichts ausmacht. Während er erzählt versinke ich gedanklich in verschiedene erotische Szenarien. Ich lausche seiner Geschichte, die eher einem Märchen ähnelt. Vom Tellerwäscher zum Millionär und wieder zurück…oder so…. Und er führt eine offene Beziehung. Hauptsächlich geht es um seinen beruflichen Werdegang. [7] Berufe interessieren mich bei Menschen generell nicht als erstes. Es gibt viel aussagekräftigeres.. Ganz kann ich seinen Worten nicht folgen. Er erzählt was er gemacht hat, was ihn ausmacht, was seine Partnerin an ihm schätzt und er an ihr.

Ich muss mir keine großartige Geschichte ausdenken. Ich komme kaum dazu, viel von mir preiszugeben. Doch meine kritischen und trotzdem charmant gemeinten Anmerkungen zu seiner Geschichte, geben anscheinend Aussage zu meiner Person. Ich sehe die Begeisterung in seinen Augen. In diesem Moment wird mir bewusst, was ich von so einem Date eigentlich will. Ich will neue Welten sehen, mal aus meiner eigenen Welt herausbrechen. Ich mag Authentizität, aber ist es denn so wichtig, wie wahr die Geschichte ist, wenn sie gut erzählt ist?

Wir landen in einem recht noblen Restaurant. Mein Begleiter scheint sich hier auszukennen und bestellt für uns beiden wild von der Karte. Ich lausche seinen Worten, muss allerdings ab und an kritisch nachfragen und eine hier und da eine Diskussion entfachen. Doch trotzdem hat dieser Mann irgendwas. Das oberflächliche Sexbeast in mir ist angetan. Die verkopfte Feministin möchte gerne zahlen – getrennt! Und es gewinnt: Das Sexbeast!

Mittlereile ist es weit nach Mitternacht und wir stehen knutschend auf einem Marktplatz. Mein Bauch sagt mir, dass dies kein Mann ist, den ich regelmäßig treffen werde. Zudem wohnt er eigentlich im Süden und ist nur alle paar Monate im Norden. Es kommt also nur ein One-Night-Stand infrage, welche eigentlich schon mit Mitte zwanzig von meiner To-Do-Liste geflogen sind. Ich mag Sex, wenn er vertraut, intensiv und zügellos ist. Dies ist schwierig mit einem Fremden. Doch einfach so gehen kann ich jetzt auch nicht.

Bis zu seinem Hotel, vorbei an meinem Auto, haben wir ein ganzes Stück Fußweg vor uns. Die Straßen der Großstadt sind beleuchtet aber leer. Zwischendrin halten wir mitten auf einer dieser an, und tauschen heiße küsse aus. Je weiter wir gehen, je weiter rückt der Gedanke jetzt nach Hause zu fahren. Irgendwann nutze ich die Sommernacht, gehe mitten auf der Straße in die Knie und lege einen kurzen aber intensiven Blowjob hin. Dieser Mann fühlt sich gut an in meinem Mund. Ein paar Straßen weiter drückt er mich an eine Hauswand, gleitet mit seinen Händen mein Kleid hinauf und fingert mich. In seinem Hotelzimmer angekommen beginnt eine Szene die ich in mittelklassigen Hollywoodstreifen immer als unrealistisch bezeichne: Das leidenschaftliche Ausziehen der einzelnen Kleidungsstücke von den sich halb verschlingenden und laut keuchenden Protagonisten. Ein großer Mann mit tiefen, leidenschaftlichen Bewegungen! Ich schließe die Augen und gebe mich hin. Mitten im Liebesspiel fällt mir auf, das niemand weiß wo ich gerade spiele und mit wem. In einem ruhigen Moment schaue ich ihn verwirrt an, er erwidert mit einem ebenso verwirrten Blick. Ich lasse die Situation ausschleichen und wir ziehen uns an. An meinem Auto angekommen bittet er um eine Wiederholung, wenn er irgendwann wieder in der Stadt ist. Ich zwinkere und erwidere, dass ich es mir überlegen werde. Mit aufgedrehter Musik fahre ich nach Hause und beiße mir zwischendurch auf die Lippen.

Als ich zuhause ankomme, ist es früh am Morgen. Du liegst im Schlafzimmer. Unsere Tochter neben dir im Beistellbett. Ich bleibe ein paar Minuten stehen und bewundere euch. Du wachst auf, schaust mich an: „Schön, dass du wieder da bist.“ Es ist das erste Mal, seid wir zusammen wohnen, dass ich die Nacht mit einem andern Mann verbracht habe. Ich merke dir an, dass es nicht ganz einfach für dich ist. Ich ziehe mich aus, küsse unsere Tochter auf die Stirn und schmiege mich an dich. Schön zuhause zu sein.

References

References
1 Mir geht es irgendwas zwischen grandios und naja ich bin halt jetzt Mutti
2 Ich bin der Meinung, man vergibt nur CDs. Aber das ist eine andere Sache
3 Ich habe tatsächlich die Vision einer hellen, erotischen Begegnungsstätte mit kunstvollen Bildern an den Wänden.
4 Nichts desto trotz, war es kein schlechter Abend. Ich wünsche Reimepaul alles Gute und like fleißig jedes seiner neuen Lieder.
5 Obgleich es durchaus einen Markt für kleine Männer gibt. Meine liebste beste Freundin Lisa, hat beispielsweise ein Faible für kleine Männer mit Kotletten. Das aber nur am Rande. 😉 Liebe Grüße an dieser Stelle an die tollste beste Freundin die man sich vorstellen kann. Die Erwähnung ihrer Person in meinen Texten ist eine Hommage nach 20 Jahren Freundschaft!!
6 Halterlose Strümpfe die rutschen
7 Berufe interessieren mich bei Menschen generell nicht als erstes. Es gibt viel aussagekräftigeres.
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner